„Kultur beginnt im Herzen jedes einzelnen”, sagte bereits der österreichische Dramatiker Johann Nestroy. In der Summe aber bilden individuelle Werte eine gemeinschaftliche Identität – zum Beispiel eine Unternehmenskultur. Authentisch gelebte Werte sind das Fundament einer echten Unternehmenskultur.
Die enge Verknüpfung zwischen Kultur und Werten verdeutlicht bereits der Begriff „Kultur”. Vom lateinischen Wort „cultura” abgeleitet, stammt der Begriff ursprünglich aus der Agrarwirtschaft und ist eine Bezeichnung für den Ackerbau. Bildhaft gesprochen sind Werte die Werkzeuge für den Ackerbau. Heute erzeugen Wertvorstellungen ein zielgerichtetes Fühlen, Denken und Handeln. Stimmt die Mehrheit der Werte innerhalb eines kollektiven Systems überein, kann langfristig eine Kultur entstehen.
So gibt eine Unternehmenskultur Identität und beschreibt Rituale, Maßstäbe und Regeln einer Gemeinschaft. Authentisch ist eine Unternehmenskultur dann, wenn die eigenen Unternehmensziele erreicht und gleichzeitig auch ein Mehrwert für die Gesellschaft geschaffen wird. Wichtig ist, dass die formulierten Werte in Unternehmen von allen Mitarbeitern, Kunden und beteiligten Partnern gelebt und mit immer neuen, prägenden Geschichten untermauert werden.
Der heutige Begriff „Unternehmenskultur” kann demnach als ein kollektives Wertesystem verstanden werden, das aus Persönlichkeiten, Teams und dem Management besteht, die gemeinsam Geschichten schreiben und damit das Unternehmen kultivieren. Die Etablierung dieser gemeinsamen Werte ist eine besondere Herausforderung, der sich Führungskräfte stellen müssen. Hierbei gilt: „Geistige Werte müssen uns ansprechen wie Könige. Sie dürfen nicht aufgedrängt werden”, sagte Philosoph Arthur Schopenhauer und erfasst damit die Kernaufgabe einer echten Kultur in Unternehmen.
Die aktive Gestaltung einer Unternehmenskultur und die Ausrichtung auf Unternehmenswerte bietet Unternehmen einen langfristigen Nutzen. Die Vorteile sind zum Beispiel:
Dass Unternehmen auf wertorientierte Unternehmensführung setzen sollten, steht außer Frage. Doch wie lassen sich Fortschritte in der Entwicklung einer wertorientierten Unternehmenskultur messen und gezielt steuern? Hier kommt es auf den Einsatz geeigneter Tools an. Regelmäßige Mitarbeiterbefragungen erfassen zum Beispiel die Einschätzung Ihrer Mitarbeiter darüber, wie authentisch das Unternehmen seine Werte lebt. Basierend auf dem Feedback können entsprechende Mitarbeiter-Workshops und Belohnungssysteme entwickelt werden.
Werte im Unternehmen zu leben, heißt Verantwortung zu übernehmen und das nicht nur gegenüber den Shareholdern, sondern gegenüber allen beteiligten Stakeholdern. „Ich muss nicht bei einer NGO arbeiten, um Gutes zu tun“, beschreibt zum Beispiel mytaxi CEO Eckart Diepenhorst die Kultur seines Unternehmens. Für „Ecki”, wie er von seinen Kollegen genannt wird, stehen Werte und Wertschätzungen an erster Stelle. Für ihn ist das gemeinsame Frühstück mit seinen Kollegen genauso wichtig, wie der Gesellschaft Mobilität zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig auf die Umwelt zu achten.
Ein Unternehmen wertorientiert zu führen, bedeutet universale Werte zu vermitteln, auf die eine Gemeinschaft trotz Wertekrise vertrauen kann. Dabei braucht es jedoch mehr als das bloße Formulieren von Leitwerten, sagt Philosophieprofessor Markus Gabriel. Wertorientierte Unternehmensführung bedeutet für ihn den Weg hin zu einer globalen „Shared Economy“ zu gehen, die unseren Wohlstand teilt und auf Kollaboration und gesellschaftlichem Zusammenleben basiert. Gleichberechtigung, flache Hierarchien und wechselseitige Anerkennung sind wichtige Pfeiler für Unternehmen, um wertorientiert zu agieren.
Vielfältige Beispiele aus der Praxis zeigen, wie eine Win-Win-Situation auf mehrfacher Ebene erreicht werden kann. Christiane Uhl, HR-Geschäftsführerin der erfolgreichen Paulaner Brauerei Gruppe, beschreibt eindrucksvoll, dass Firmen Werte leben müssen. Für Uhl zählt an erster Stelle der Mensch, seine Fähigkeiten und seine Selbstbestimmtheit: „Kulturleitbilder sind nur so gut, wie man sie lebt." Stellen sollten daher durch Menschen gestaltet werden und nicht durch Rollenprofile geprägt sein. Nur so gelingt es dem Unternehmen erfolgreich und innovativ zu sein, ohne dabei seine Wurzeln und seine Kernidentität zu verlieren. Wie diese Symbiose gelingt, beschreibt Christiane Uhl an einem anschaulichen Beispiel: “Meine erste Amtshandlung bei Paulaner war es, mir ein neues Dirndl maßschneidern zu lassen, das meine Vorstellunge von Tradition und Moderne perfekt widerspiegelte.”
Ein weiteres Beispiel für erfolgreiche Unternehmenskultur zeigt die Firma Endress+Hauser. Das Familienunternehmen lebt ein Betriebsklima des Vertrauens und erkennt die Chancen einer offenen Fehlerkultur. „Veränderungen werden bei uns nicht als übermäßig brachial empfunden, weil das Fundament, der Wertekanon, vorbereitet und verinnerlicht ist. Das macht es einfacher“, sagt Vertriebsvorstand Nikolaus Krüger über die gelungene Unternehmenskultur bei Endress+Hauser.
Eine, einfache aber wirkungsvolle Möglichkeit um Identität durch Musik zu stärken, stellt Alex Jacobi, CEO der With Love and Data GmbH, vor. Eine Fußballhymne zum Beispiel verkörpert ein ganz bestimmtes Lebensgefühl, sie versprüht Energie und erzeugt Assoziationen. Durch Musik werden gemeinsame Erlebnisse wieder präsent und Botschaften transportiert. Warum nicht auch der eigenen Unternehmenskultur einen Soundtrack widmen und sie damit greifbar machen?
Auch dieser Ansatz verdeutlicht, wie die eigenen Unternehmenswerte kontinuierlich kommuniziert werden können, um auf diese Weise Mitarbeiter und die Außenwelt zu erreichen. Ob Sie das über Musik, Geschichten auf internen Blogs, Events, E-Mails, Gemeinschaftsbüros, flexible Arbeitszeiten oder digitale Bildschirme schaffen – eine Unternehmenskultur kann sich in vielen Maßnahmen widerspiegeln und ist höchst individuell. Wichtig ist es, die gemeinsamen Werte vorzuleben, aus Fehlern zu lernen und nachhaltige Veränderungen zuzulassen.
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