NAH MAGAZIN / WACKER CHEMIE AG

IT als digitaler Brückenbauer

 
 
 

Dirk Ramhorst, CDO und CIO der Wacker Chemie AG, hat ein klares Bild von seiner Rolle als Chef-Digitalisierer des Chemieriesen. „In Time and Budget“ können nicht die Zielgrößen sein, es geht um den wirklich erzeugten Mehrwert. Den schafft er auf verschiedene Weisen.

Es ist nicht lange her, da sahen viele die IT eher als Kostentreiber. Und die Aufgabe des IT-Leiters war darauf beschränkt, möglichst effizient zu liefern. Heute heißt sein modernes Gegenstück Chief Digital Officer oder Chief Information Officer – und Beispiele wie Dirk Ramhorst von der Wacker Chemie AG zeigen, was die eigentliche Aufgabe ist: Die digitale Transformation des Unternehmens voranzutreiben, mit der die IT zum Motor für Wachstum und Unternehmenskultur wird. Sie schafft – nicht nur technisch – Grundlagen, damit alle Abteilungen im Zusammenspiel das Unternehmen stärken.

Ramhorst gehört dabei zu den Pionieren, in Deutschland war er vor einigen Jahren gar der erste dedizierte CDO eines im DAX gelisteten Industriekonzerns. Seit 2016 gestaltet er als CIO und CDO von WACKER die Digitalisierung des Unternehmens. Sein Ziel dabei ist der Wandel der IT hin zum sogenannten „Value Enabler“, der die gesamte Organisation befähigt, Mehrwerte zu schaffen und Erfolge zu erzielen.

Oft wird Transformation mit Disruption gleichgesetzt. Ramhorst hat jedoch einen differenzierteren Blick auf seine Aufgabe – speziell in Bezug auf seinen Arbeitgeber: „Am Ende sollen immer noch Produkte herauskommen, die mit dem ursprünglichen Geschäftszweck, sprich der Produktion von chemischen Produkten, zu tun haben – insofern sprechen wir hier nicht von Disruption.“ Aber auch in der Chemiebranche gibt es Prozessschritte, die sich automatisieren lassen – und Erkenntnisse, die Abläufe verbessern.

 

„IT ist bei aller Hard- und Software im Grunde ein People Business.“

 
Ein Beispiel dafür liefert der Bereich ‚Analytics Services‘, den Ramhorst geschaffen hat. Das Team hier befasst sich etwa mit der digitalen Simulation von physikalischen Laborverfahren in der Forschung und Entwicklung. Hier werden besonders Versuchsanordnungen in frühen Phasen durch Datenintelligenz simuliert, aufsetzend auf Modellen, die anhand der umfangreichen Aufzeichnungen des Unternehmens erstellt wurden. Die virtuellen Versuche beschleunigen diese Phasen in der empirischen Forschung erheblich – und führen am Ende zu einer deutlich kürzeren Time-to-Market. „Wir verzeichnen in diesem Projekt hohe positive Resonanz aus der Organisation und entsprechende Erfolge. Das ist genau das, was wir als Abteilung erreichen wollen: Wert schaffen für die Organisation.“ Dass in diesem Bereich eine Menge Künstliche Intelligenz steckt, liegt auf der Hand.

Generell setzt sich Ramhorst intensiv mit KI auseinander. Mit rund 30 anderen großen deutschen Unternehmen ist WACKER Mitglied der Initiative „AppliedAI“ des UnternehmerTUMs der TU München, die sich mit Chancen und Risiken, aber auch ethischen Fragestellungen der neuen Datentechnologien beschäftigt. „Wir haben unter anderem Ausbildungstutorials verfasst, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diesem Gebiet zu fördern“, so Ramhorst. „Denn es steckt noch sehr viel Potenzial darin.“ Um es zu heben, müsse transparent kommuniziert werden. Es gelte, die Mitarbeiter zu informieren und zu begeistern – zunächst in seiner eigenen Abteilung, letztlich aber im gesamten Unternehmen. Eine Aufgabe, für die sich Ramhorst gemeinsam mit anderen Marktteilnehmern engagiert, um die Akzeptanz zu fördern. Denn mit Partnern gelingt es besser, das Potenzial für den Markt zu erschließen.

Mitarbeiter in allen Bereichen zu erreichen, das stellt für Ramhorst generell einen entscheidenden Punkt dar. „Was die meisten immer noch übersehen: IT ist bei aller Hard- und Software im Grunde ein People Business“, sagt Ramhorst. Es gehe darum, Menschen mitzunehmen, neue Fähigkeiten zu vermitteln, neue Denkansätze. Das beginnt bei der IT-Abteilung selbst: Ohne die Innovierung einer traditionellen IT-Abteilung kann die Transformation nicht gelingen. Er sieht seinen Auftrag daher in der Positionierung seines Bereichs als Value Enabler.

 

„Das wesentliche Element des Wandels ist seine Sichtbarkeit.“

 
Flexibilität und neue Skills gehören zu den wichtigsten Voraussetzungen für echte Veränderung. Neben Aus- und Weiterbildung für die eigenen Mitarbeiter bedeutet das auch, die anderen Unternehmensbereiche fortzubilden, ihnen Brücken zu bauen. Tools und Anwendungen nicht nur bereitzustellen, sondern deren Nutzung und Vorteile zu vermitteln. Dabei wirken zum Teil gegensätzliche Kräfte: Einerseits sollte man anerkennen, dass Wandel Zeit braucht, andererseits gilt es, den Transformationsprozess in der von Markt und Technologiefortschritt vorgegebenen Geschwindigkeit voranzutreiben. „Das wesentliche Element des Wandels ist seine Sichtbarkeit.”
„Eine erfolgreiche Transformation verlangt eine Menge ab. Zum einen von der Kultur, in der eine IT-Abteilung bisher agiert hat und zum anderen vom Mindset der Mitarbeiter, damit entsprechend umzugehen“, erklärt Ramhorst. Für ihn folgte daraus auch, dass die klassischen IT-KPIs wie Zeit und Budgettreue auf den Prüfstand mussten. Denn wenn die zentrale Leistung das Schaffen von Werten für alle im Unternehmen ist, dann muss dies auch das Erfolgskriterium sein. Ramhorst misst sich und die Arbeit seines Teams daher nicht mehr einfach nach der Kennzahl „in time and budget”, sondern berücksichtigt auch das Thema „User Adoption“. Es geht also darum, ob die Lösungen und Anwendungen seiner Abteilung von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern tatsächlich angenommen und wie beabsichtigt angewandt werden – und ihnen so bei der Arbeit helfen. Das stellt klar: Die IT bei WACKER ist dann erfolgreich, wenn ihre Ergebnisse die Nutzerinnen und Nutzer im Unternehmen erfolgreich machen. ■
 

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