CodeDoor entstand 2015, weil die Gründer mehr für Geflüchtete tun wollten, als einfach nur Kleidung zu spenden. Zwei von ihnen sind Software-Entwickler und fanden, was die entwurzelten Menschen wirklich brauchten, waren Laptops. Denn nur so können sie mit ihren entfernten Familien und Freunden in Kontakt bleiben. Auch ist das Internet der beste Weg, sich digital weiter zu bilden und sich so auf das Leben in Deutschland vorzubereiten.
Die von Firmen und Privatleuten gestifteten Geräte verteilten sie im Erstaufnahmelager Gießen. Sie merkten aber schnell: Damit die Menschen sich integrieren und arbeiten können, müssen sie zwar lernen, dabei aber auch unterstützt werden. „Wir dachten: Es kann nicht sein, dass so viele Unternehmen Entwickler suchen und tausende Menschen mit Potenzial untätig in Heimen sitzen“, beschreibt Farid die Entstehung der Idee. Gleichzeitig betont er: „Wir sind aber keine Flüchtlingsschule! Sondern ein Ort, an dem wir exzellente Entwickler ausbilden.“ CodeDoor bietet auch Weiterbildungen und die Vermittlung von Programmierern für Firmen an. Mit diesem profitgetriebenen Ast sowie Spenden finanzieren sie Stipendien: Nicht nur für Geflüchtete, sondern auch andere Menschen, die sich auf dem Arbeitsmarkt schwertun. Inzwischen füllt die Warteliste für Teilnehmer und Unternehmen viele Seiten – und das ganz ohne Marketing, allein über Mundpropaganda der Lernenden und Firmen. So fördert CodeDoor nicht nur Chancengleichheit, sondern hilft auch, den IT-Fachkräftemangel zu lindern.
Nach dem holprigen Start der ersten rein onlinebasierten Klasse war klar: Ohne persönliche Interaktion und Feedback sinkt die Motivation rapide. Dagegen hilft das Mentorenprogramm. Erfahrene Entwickler treffen die Teilnehmer wöchentlich, unterstützen ihren Lernprozess und besprechen auch persönliche Probleme. Zusammen mit der Integration in Unternehmen, die zumeist über die Mentoren läuft, liegt die Abschlussquote einer Klasse heute bei über 90 Prozent. Idealerweise ergänzt eine Art Praktikum in Unternehmen das Programm.
„Was wir anders machen als herkömmliche Programmierschulen: Jeder Teilnehmer lernt in seinem eigenen Tempo und auf unterschiedlichen Feldern, jeweils individuell auf seine Bedürfnisse zugeschnitten“, erklärt Farid. Denn noch wichtiger als Fachwissen ist für den Entwicklerberuf die agile und lösungsorientierte Teamarbeit: „Deshalb ist die soziale Integration über das Peer-Learning, im Verbund mit den unterschiedlichsten Menschen, genauso erfolgskritisch wie die Unterstützung durch die Mentoren, die zudem durch Teamprojekte genau jene Kompetenzen fördern.“
Mit Liban fing es an: Als Pilot-Teilnehmer pflanzte CodeDoor den jungen Afrikaner buchstäblich in ein kleines, mittelhessisches Unternehmen, um ihn zum Programmierer auszubilden. Als Ergänzung zu den Kursen ist eine Art Praktikum in befreundeten Firmen ein wichtiger Baustein, um Teilnehmer tatsächlich fit für die Zukunft als Entwickler zu machen. „Obwohl er noch nicht direkt mitarbeitete und nur Englisch sprach, wurde er schnell Teil des Teams, spielte nach Feierabend Fußball mit den Kollegen und lernte viel schneller Deutsch als seine Freunde im Flüchtlingsheim“, erzählt Farid.
Bei der Klassenbildung achtet CodeDoor sehr auf Diversität in jeder Hinsicht: „Wir haben inzwischen viele Teilnehmerinnen, arbeiten auch mit Unternehmerinnenverbänden zusammen.“ Die Übersetzerin Alexandra aus Rumänien zum Beispiel fand trotz ihrer Sprachkenntnisse keinen passenden Job in Deutschland – auch wegen der wachsenden Online-Übersetzungsdienste. Bei CodeDoor lernt sie Natural Language Processing und legt den Grundstein für ihre berufliche Zukunft.
Der Erziehungswissenschaftler und Organisationspsychologe Farid Bidardel beriet nach dem Studium Unternehmen in Fragen der Aus- und Weiterbildung. Der CEO und Mitgründer von CodeDoor war daneben mit seinen Partnern, zwei Jugendfreunden, bereits lange sozial engagiert. Heute noch ist er zusätzlich Vorstand von Creative Change e.V., einer Organisation, die Projekte gegen Diskriminierung, Rechtsradikalismus und Fanatismus an Schulen durchführt.
„Um Toleranz und Weltoffenheit zu verankern, muss man schon sehr früh ansetzen“, ist Farid überzeugt. Und erlebt täglich, wie wichtig die auch bei CodeDoor forcierte Diversität ist: „Unterschiedliche Biografien tun allen Unternehmen sehr gut. Und mir persönlich helfen die Geschichten der Teilnehmer, am Boden zu bleiben und mich selbst zu reflektieren.“
Frank Riemensperger führt mit Accenture seit 30 Jahren Unternehmen durch Veränderungsprozesse. Im Interview spricht er über die kulturellen Herausforderungen der Transformation, den Stand in Deutschland – und Accentures eigenen Weg.
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